A wie Abgesägt, Z wie Zahnbürste
- Konrad H.
- 3. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Sie scheint sich zu einer Non-”Urban Legend” etabliert zu haben: Die abgesägte Zahnbürste von Christine Thürmer. Ich wurde unterwegs bereits dreimal explizit zum Zustand meines eigenen Zahnreinigungsutensils befragt und musste jeweils zugeben, dass im Dunkel meines Rucksacks auch meine Zahnbürste ein derart verstümmeltes, ihres Griffes beraubtes Dasein fristet. In meinem Fall allerdings nicht aus Gründen des Gewichtes, sondern vielmehr weil sie nur so in die kleine und ausgesprochen knapp bemessene Tasche passt, in der sich das Nötigste in Sachen Körperpflege und Erste Hilfe zusammendrängt.

Ich befinde mich in den Vorbereitungen zur vierzehnten Etappe, die Zugtickets sind gebucht und auf dem Fußboden vor mir ausgebreitet liegt alles, was in irgendeiner Form im Rucksack, in meinem Fall ein in die Jahre gekommenes vierzig Liter Modell, Platz finden möchte. Mehrere Tage draußen - was muss mit, was kann mit, was kommt nicht mit?
Equipment sollte ein zuverlässiges Werkzeug zum Draußensein darstellen. Es muss funktionieren und mit ein bisschen Pflege möglichst lange halten, nicht mehr und nicht weniger. Die nachfolgende Auflistung ist mitnichten vollumfänglich, sie ist eine selektive Aufzählung einiger der vor mir liegenden Gegenstände. Ich bin mit keinem der genannten Hersteller oder Händler in irgendeiner Form verbunden. Alle Links dienen lediglich informativen Zwecken und sind kein Teil einer Affiliate Link Marketing Strategy.
Must-have
Tarp/ Zelt: In den meisten Fällen bin ich mit einem kleinen, preiswerten MT-900 Tarp unterwegs, das sich mit nur einer Carbonstange gemäß der nachfolgenden Skizze in, wenn die Handgriffe sitzen, weniger als einer Minute aufstellen lässt. Unter Berücksichtigung von Windrichtung und Bodenbeschaffenheit hat es mich bislang treu durch Frühjahrskälte, Sommergewitter und Herbstregen begleitet. Bevor ich auf das Tarp umgestiegen bin, hat mir das ausgesprochen bezahlbare Wechsel Venture 1 jahrelang gute Dienste geleistet, für die 2026er Alpenetappen werde ich allerdings voraussichtlich auf ein Fjällräven Abisko Lite 1 nebst passender Unterlage und zweitem Stangensatz zurückgreifen.

Schlafsack/ Isomatte: Für denjenigen, der draußen schläft, in der Regel unerlässlich. Meine Wahl fiel mit zunehmenden Tourenkilometern auf einen leichten Rab Neutrino 200 Daunenschlafsack, den ich in einem Stock-Clearing zu einem unschlagbaren Preis erstehen konnte, und eine Therm-A-Rest NeoAir XLite NXT. Gute Produkte, die für mich bis knapp unter den Gefrierpunkt funktionieren. Die Kombination allerdings ist gewöhnungsbedürftig, da beide über sehr glatte Oberflächen verfügen, die schon bei der kleinsten Bodenunebenheit dazu führen, dass der Schlafende langsam, aber sicher der Erdanziehungskraft folgend selbst dann talwärts gleitet, wenn es überhaupt kein Tal gibt.
Schuhe: Eine beinahe philosophische und in Internetforen zu Tode diskutierte Frage, die für mich kurz und prägnant mit dem Meindl Island MFS Active und Currex Hikepro Einlegesohlen final beantwortet ist.
Regenponcho: Form follows function. Je urbaner die zu durchwandernde Gegend, desto verständnisloser die Blicke, aber seitdem ich nach acht Stunden Dauerregen trocken das Elbufer erreicht habe, ist mein Hock Kraxen AS Klima ein unverzichtbarer Tourenbegleiter.
Nice-to-have
Wasserfilter: Auf dem Rothaarkamm hätte ich ihn dringend benötigt, seitdem ist er meist dabei. Kein High-End-Modell, für den Notfall jedoch ausreichend. Ein extrem wichtiger Hinweis, der derartigen Aktivkohle-Wasserfiltern oft fehlt: Sie filtern Schwebstoffe, Partikel, Keime und Bakterien in der Tat relativ zuverlässig, sind aber gegenüber Chemikalien und Viren vollkommen wirkungslos. In der Praxis bedeutet das selbst bei Gebirgsquellen sicherzustellen, dass sich hangaufwärts keine Siedlungen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen wie Weiden, gedüngte Felder oder ähnliches befinden, deren Bewirtschaftung entsprechende Eintragungen im Grundwasser hervorrufen können.
Taschenmesser: Taschenmesser gibt es wie Sand am Meer. Bushcraft-Messer mit Macheten-Assoziation, kleine und große Klappmesser, Multifunktionswerkzeuge, Spezialmesser für jedweden Einsatzbereich… Für die täglichen kleinen Schneidaufgaben unterwegs, von der wehrhaft verschweißten Proviantverpackung, bis zum zu langen Schnürsenkel, ist erfahrungsgemäß eine etwas schlankere, nicht zu wuchtige Klinge vorteilhaft. Meine Wahl fällt mittlerweile auf ein in Solingen gefertigtes Böker Kihon Bifold. Schlank, unverwüstlich, arretierbar, weder zu groß, noch zu klein und sowohl mit praktischem Daumenpin als auch 42a konform mit Nagelhau erhältlich.
Aussortiert
Wanderstöcke: Ausprobiert und absolut nichts für mich. Stattdessen habe ich mir, auch wenn es im Hinblick auf das Wandern zunächst unverständlich erscheinen mag, um die Hände ein wenig entlasten zu können, aus dem Fotobedarf einfache, leicht gepolsterte Handschlaufen besorgt und zweckentfremdet, indem ich sie ich mittels kleiner Aluminiumkarabiner an den Lastenkontrollriemen meines Rucksacks befestigt habe. Funktioniert hervorragend um unterwegs die Hände einhängen zu können. Geschwollene Finger adé.
Kompass: Ich liebe analoge Karten und ich liebe meinen Kompass. Dennoch bleibt er mittlerweile in der Schublade. Stattdessen kann ich das Buch “Der natürliche Kompass” von Tristan Gooley empfehlen. Eine etwas umfangreichere Leseliste mit ein wenig Literatur für und über das Draußensein werde ich in einen der kommenden Blog-Einträge integrieren. Tristan Gooley wird auf jeden Fall dabei sein.
Gaskocher und Zubehör: Zugegeben - es ist nett abends mit Einbruch der Dunkelheit noch etwas Warmes zu sich zu nehmen, aber neben dem zu tragenden Gewicht von Kocher, Brennstoffkartusche, Topf, Besteck und benötigtem Wasser zum Aufkochen der Trockennahrung, frisst jeder zusätzliche Ausrüstungsgegenstand Zeit und Aufmerksamkeit für Reinigung, Instandhaltung und Pflege. Mein Primus Express Spider bleibt mittlerweile dauerhaft zu Hause.
Sonstiges
Digitalkamera & Fotostativ: Smartphones können viel, für Fotos greife ich draußen dennoch auf eine Kompaktkamera zurück. Nach langem Abwägen zwischen Leistung, Größe und Gewicht, ich bin kein Fotograf, allerhöchstens ambitionierter Knipser, bin ich ein großer Fan meiner Sony RX-100 Mk VII.
Solarpanel: Auch wenn es stillgelegt und weitgehend funktionslos in meiner Hosentasche verweilt und nur hin und wieder eine Abzweigung des Weges ankündigt - mein Smartphone braucht ebenso Strom wie meine Kamera. Solange die Sonne scheint, werden sie von Zeit zu Zeit im Rahmen einer Pause mit einem kleinen Solarpanel gefüttert.
Ausrüstung soll und darf gut sein, aber weder Markenlabel noch Preis haben etwas mit dem Erleben zu tun. Meine Ausrüstung ist subjektiv und Ergebnis individueller Erfahrungswerte. Indem ich sie vorübergehend ob ihrer Zuverlässigkeit vergessen kann, soll und kann sie mir den Blick auf das Wesentliche ermöglichen, anstatt ihn zu verstellen. Dann hat sie ihren Zweck erfüllt. Dann ist sie gut.




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